Wir kaufen Bananen, Kaffee und Schokolade mit dem FairTrade-Siegel, achten darauf wie die Henne lebt, die unser Frühstücks-Ei gelegt hat und schauen zunehmend auch bei der Kleidung auf ökologischen Anbau der Baumwolle und auf gerechte Entlohnung in der Herstellungskette. Doch wie sieht es eigentlich bei elektronischen Geräten, insbesondere in der Gadget-Kategorie aus? Diesem Thema widmete sich letzten Mittwoch die 13. Veranstaltung der twenty.twenty Event-Reihe von The Gap und A1 mit dem Thema “Gadgets: Geräte ohne Gewissen?”.

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Im Gegensatz zu Bananen oder Kaffe liegt das Problem bei Gadgets darin, dass ein solches Gerät unheimlich kompliziert aufgebaut ist und aus unzähligen verschiedenen Rohstoffen besteht. Technologisch aufwändige und teure Produktionsverfahren und externe Komponenten, über die man keine Kontrolle hat, machen die Situation nicht gerade einfacher. Trotz dieser schwierigen Aussichten hat sich die niederländische Non-Profit-Organisation FairPhone das Ziel gesetzt, ein fair produziertes Smartphone auf den Markt zu bringen.

Joe Mier , Community Manager bei FairPhone, hat in seiner Keynote und der nachfolgenden Diskussion erklärt, welche Hürden zwischen dem Status Quo und einem fertigen FairPhone liegen und wie man diese zu überwinden versucht.

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Zu allererst muss man sich die Bestandteile eines heutigen Smartphones vor Augen führen. Über 30 Metalle befinden sich üblicherweise in einem solchen Device. Das Problem daran: Viele der verwendeten Materialien sind in ihrem Vorkommen sehr selten und stammen aus Regionen, die durch Armut, Bürgerkriege, Konflikte und Ausbeutung geprägt sind. FairPhone arbeitet derzeit intensiv daran, Bezugsquellen für fair abgebaute und gehandelte Rohstoffe aufzubauen. Die Arbeit ist für einige Materialien schon weit vorgeschritten, für andere kann der Prozess noch einige Jahre andauern.

Der nächste Schritt in der Wertschöpfungskette eines Smartphones ist die Produktion und Fertigung in asiatischen Fabriken. Dass dort die Bedingungen alles andere als menschenwürdig sind, wurde zum Glück in den letzten Monaten immer wieder in den Medien thematisiert. Das Ziel von Fairphone ist es, angemessene Arbeitsbedingungen in den Fertigungshallen zu etablieren und die Arbeiter gerecht zu entlohnen.

Nachdem das Smartphone produziert wurde und auf den Markt gekommen ist, gilt es den Zeitpunkt, wo man ein Gerät nicht mehr verwenden kann und es als Sondermüll entsorgt werden muss, möglichst lange hinauszuzögern. Nur so wird eine verantwortungsvolle Nutzung der kostbaren Materialien und verrichteten Arbeit gewährleistet. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss der Konsument die Möglichkeit haben, das Smartphone möglichst einfach und leicht selbst reparieren zu können. Alle Komponenten des FairPhones sind beispielsweise darauf ausgelegt, dass man sie einzeln und eigenhändig austauschen kann. Aber auch Barrieren bei der Benutzung des installierten Betriebssystems sind eine Hürde bei der möglichst langen Nutzung eines Geräts. Es sollte keine Beschränkung und Hinauszögerung bei Updates geben und der Besitzer sollte immer die Möglichkeit haben, sich selbst ein anderes Betriebssystem aufzuspielen.

Hat ein Smartphone dann das Lebens-/Nutzungsende erreicht, so sollte es entweder durch richtiges Recycling wieder in den Rohstoffkreislauf eingeführt oder als Second-Market-Gerät weiterverwendet werden. Das stellt sicher, dass der Wert der Materialien und der Arbeit nie komplett verloren geht.

Ein ganz wichtiger Wert bei FairPhone ist außerdem die Transparenz. Die verwendeten Materialien, Schritte, Produzenten und Kosten werden komplett offengelegt, sodass sich alle ein Bild über den Wert des Gerätes und wie dieses zustande gekommen ist machen können. Natürlich kann und wird FairPhone auf diese Weise nicht in der Liga der Top-Innovatoren mitspielen können, was aber auch gar nicht notwendig ist. FairPhone setzt mit “Fairness” auf Innovationen im Fertigungs- und Herstellungsprozess.

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Joe Mier hat zugegeben, dass der Weg zu einem wirklich fairen Smartphone ein sehr steiniger und langer Weg werden wird. Rund 10.000 Telefone werden im Herbst bei der ersten Produktion zu einem Preis von 250 bis 300 Euro zu Verfügung stehen. Das erste FairPhone wird auch sicherlich nicht 100% fair produziert sein, es werden aber wichtige Schritte und Grundsteine für die Zukunft gelegt. Den Kauf eines solchen Gadgets sollte man als politischen Akt für das Eintreten für fair produzierte Güter sehen. Schließen sich ausreichend Konsumenten diesem Trend an, werden die Hersteller zum Umdenken bewegt.

Was meint ihr, kann es frei und verantwortungsvoll produzierte Gadgets auf unserem Markt bestehen? Wie viel würdet ihr für ein fair produziertes Smartphone draufzahlen? 10%, 20%, 30%, 40%? Ich freue mich über eure Kommentare.